JVA
Chronologie des Landeszuchthauses und der JVA Marienschloß
Mit dem Reichsdeputationshauptschluß und der von Napoleon
verfügten Säkularisation wird das Kloster Marienschloß aufgelöst
und fällt im Jahre 1802 samt sämtlicher Güter an den Landgrafen
von Hessen. Aus der Landgrafschaft wird 1803, unter Zuschlagung
weiterer Territorien, das neue Großherzogtum Hessen gebildet.
1804/11
In den ehemaligen Klostergebäuden der Zisterzienserinnenabtei
Marienschloß wird ein "Zucht- und Correctionshaus" für
straffällige Männer und Frauen aus dem neu geschaffenen
Großherzogtum Hessen und bei Rhein eingerichtet,
Strafgefangene ziehen jedoch erst 1811 ein, nachdem die
Umbaumaßnahmen beendet sind.
1823
Bau der "Caserne" für das Militärpersonal, dem die Bewachung
der Anstalt obliegt und Errichtung des "Kerkerbaus", der im
Jahre 1962 abgebrochen wird. Gleichzeitig wird ein Lazarett
erbaut.
1835
Wegen überbelegung der Anstalt wird dem Klosterbau ein
weiteres Stockwerk über dem Ostflügel des Kreuzganges
aufgesetzt.
1840
Im Anschluss und im Stil des Klosterbaus wird ein weiteres
dreistöckiges Gebäude mit Arbeits- und Schlafsälen errichtet.
Heute befinden sich dort Werkstätten und die Schule.
1850
Eine Reform des bisherigen Strafvollzuges findet statt. In
der Behandlung der Gefangenen, deren Unterbringung, in der
Hygiene, der Verköstigung und der ärztlichen Versorgung
werden Neuerungen eingeführt.
1855
Das "Zucht- und Correctionshaus Marienschloß" wird in
"Großherzogliches Landeszuchthaus" umbenannt und beherbergt
305 Gefangene, Männer wie Frauen, die von 18 männlichen und
zwei weiblichen Aufsichtsbeamten betreut werden. Weiterhin
befinden sich 65 Soldaten zur Bewachung der Gefangenen in
Marienschloß.
1865
Die Schulpflicht bis zum 30. Lebensjahr wird eingeführt.
1894
Nach Fertigstellung der Zellenstrafanstalt Butzbach werden
die jüngeren und geringer vorbestraften Gefangenen vom
Zuchthaus Marienschloß dorthin verlegt.
1907
Der für Marienschloß berühmte "Kuppelbau" wird
errichtet und ermöglicht nun auch noch die Einzelhaft. Durch
seine Kreuzform, ist dieses Gebäude auf dem neuesten Stand
des Strafvollzugs, weil von einem einzigen Standpunkt aus, am
Scheitelpunkt der vier Flügel sämtliche Zellen in allen vier
Himmelsrichtungen eingesehen werden können. Das
Militärpersonal in Marienschloß wird abgezogen und die
Neueinstellung von Bediensteten wird erforderlich. Hierauf
werden östlich der Anstalt in 15 Häusern 30 Beamtenwohnungen
fertig gestellt.
1915
Die 1868 eingerichtete Petroleumbeleuchtung in Marienschloß
wird durch elektrisches Licht ersetzt.
1926
Die weiblichen Gefangenen werden von Marienschloß in das
Frauengefängnis nach Mainz verlegt.
1930
Ein neues Wirtschaftsgebäude, in der sich nun die Küche, die
Bäckerei und die Wäscherei befinden, wird gebaut, zusätzlich
wird eine Zentralheizung installiert.
1933
Der frühere hessische Innenminister Wilhelm Leuschner wird
von den nationalsozialistischen Machthabern in Marienschloß
für vier Monate inhaftiert.
1936
Das seitherige "Hessische Landeszuchthaus" wird wegen der
"Verreichlichung" des Strafvollzugs (bis 1945) in "Zuchthaus
Marienschloß" umbenannt. Die tägliche Durchschnittsbelegung
im Jahre 1937 beträgt 408 Gefangene.
1939
Seit diesem Jahr ist das Zuchthaus Marienschloß
Jugendgefängnis.
1945
Am Kriegsende befinden sich ca. 720 Gefangene in der
Strafanstalt, wovon nur die Hälfte Jugendliche sind. Die
anderen 360 Insassen stammen aus Anstalten aus dem Rheinland,
die jedoch fast alle von den Alliierten entlassen werden. Die
Jugendlichen werden in die Strafanstalt Butzbach verlegt.
Anschließend werden in Marienschloß ca. 700 ehemalige
polnische Kriegsgefangene untergebracht, die nach und nach in
ihre Heimat reisen.
1946
Ab Januar wird Marienschloß vom Justizministerium des
neu gegründeten Landes Hessen (zunächst Groß-Hessen) wieder
als Jugendgefängnis des Landes genutzt.
1948
Die "Caserne" wird zentrale Aus- und Fortbildungsstätte für
alle hessischen Vollzugsbeamten. Nach übernahme der
Aufsichtsbeamten in den mittleren Dienst im Jahre 1959 findet
hier die Laufbahnausbildung statt. Die Anwärter wohnen
während der Lehrgänge in der Kaserne. Die Ausbildungsstätte
erhält 1965 den Namen H. B. Wagnitz-Seminar. Sie wird 1975
eine selbständige Behörde mit eigenem Personal und eigener
Leitung. 1987 wird sie nach Wiesbaden verlegt.
1953
Nach Inkrafttreten des neuen Jugendgerichtsgesetzes wird das
Jugendgefängnis in Jugendstrafanstalt umbenannt.
1960
Der längere Zeit ungenutzte Klosterbau wird umgebaut und mit
modernen Einzelhafträumen im Westflügel als Aufnahme- und
Zugangsabteilung (heute Untersuchungshaft) im Ostflügel als
Krankenstation in Betrieb genommen.
1964
Ein 50-Zellengebäude wird an der zur Beamtensiedlung
grenzenden Mauer errichtet und im Jahre 1989 für anderweitige
Flächennutzung wieder abgebrochen.
1974
Am 1. März wird Dr. Johannes Fleck Direktor der JVA
Rockenberg und löst somit den langjährigen Direktor Prof. Dr.
Alexander Böhm ab, der seit dem 8. Februar 1960 die Anstalt
geleitet hat.
1975
Das Anstaltsgelände wird nach Norden erweitert und mit
einer verlängerten Mauer gesichert. Außerhalb der Mauer wird
ein Heizwerk errichtet, im Innenbereich entstehen vier
Unterkunftshäuser mit jeweils 40 Haftplätzen in
Einzelhafträumen und mit den nötigen Neben- und
Freizeiträumen. Sie ersetzen den Kuppelbau, der 1979
abgerissen wird. An der Stelle des 1976 abgetragenen
ehemaligen Lazarettgebäudes wird die neue Sicherheitszentrale
errichtet, in deren Untergeschoß sich Werkstätten und
Kammerräume befinden. Nach Osten hin wird eine Sporthalle mit
einem Anbau von Anwalts- und Besucherräumen erstellt, ein
Sportplatz wird ebenfalls gebaut.
1993
Das "Funktionalgebäude", welches neue Werkstätten beherbergt,
ist bezugsfertig. Im Erdgeschoß ist eine Bäckerei, eine
Kfz-Werkstatt und eine Lehrküche mit Kühlanlagen
untergebracht. In der ersten Etage findet ein sog.
"Therapeutisches Zentrum" Platz, welches nach den neuesten
Erkenntnissen u.a. im Medienbereich ausgestattet ist und den
Psychologen der Anstalt eine angemessene Tätigkeit mit den
Gefangenen ermöglicht. In der dritten Etage sind weitere
Hafträume entstanden.
2002
Nach 28 Jahren Leitung der JVA Rockenberg wird Dr.
Johannes Fleck am 1. Februar in den Ruhestand verabschiedet.
Sein Nachfolger wird der bisherige Direktor der JVA
Weiterstadt, Klaus Winchenbach.
(wird fortgesetzt)
Die Leiter der Zucht- und Besserungsanstalt und JVA
Marienschloß
Oberstleutnant Hermannie
1811-1813
Major Venator I. (+ 18.Dezember 1813)
1813
Oberstleutnant Kraus
1814-1837
Oberstleutnant Venator II.
1837-1849
Justizbeamter Calmberg
1849-1853
Oberst Trumpler
1854-1869
Oberstleutnant Knispel
1868-1870
Major Scriba
1870-1879
Major Kattrein
Erstürmer des Schlosses Chambord am 09.12.1870.
Initiator und Mitbegründer der Rockenberger Feuerwehr
1879-1886
Hauptmann Bornemann
1887-1914
Amtsrichter Stumpf
1914-1919
Staatsanwalt Heiner
1919-1931
Direktor Bausch
1931-1934
Direktor Georgi
1934-1937
Regierungsrat Barth
(seit 9. Mai 1939 Jugendgefängnis)
1937-1939
Direktoren Rudolph, Weber, Zeugner
1940-1945
Oberregierungsrat Dr. Weiß
1945-1959
Prof. Dr. Alexander Böhm
1960-1974
LRD. Dr. Johannes Fleck
1974-2002
RD. Klaus Winchenbach
2002-2004
(wird fortgesetzt)
Wilhelm-Leuschner-Gedächtnis-Zimmer
Seit Februar 1998 befindet sich in den Räumen der
JVA-Rockenberg das Wilhelm-Leuschner-Gedächtnis-Zimmer mit
einer Dokumentation über sein Leben. Der Sozialdemokrat
Leuschner wurde 1890 geboren und war von 1927 bis 1933
hessischer Innenminister. Er wurde 1933 im damaligen
Zuchthaus Rockenberg in sog. "Schutzhaft" genommen und
verbrachte etwa vier Monate im heutigen Gedächtnis-Zimmer.
Später war er im Widerstand gegen die Nationalsozialisten
tätig und im Zuge des 20. Juli 1944 wurde ihm der Prozess
gemacht. Am 29. September 1944 ließ man ihn in
Berlin-Plötzensee hinrichten.